Autor:
Gerd Adler
Unabhängiger Unternehmens- und Finanzberater für den Mittelstand
Wie von vielen Marktteilnehmern erwartet, hat die EZB, aufgrund der weiterhin mit 0,5 Prozent im Euro-Raum sehr niedrigen Inflationsrate, den Leitzins um 0,1 Prozent auf historisch noch nie dagewesene 0,15 % Prozent gesenkt. Seit dem Beginn der globalen Finanzkrise in 2008 somit von 4,25 Prozent um 4,1 Prozent!
Banken können sich also jetzt zu einem noch niedrigeren Zinssatz Liquidität bei der EZB verschaffen. Doch kommen diese Vorteile auch im Mittelstand adäquat an? Aus meiner Erfahrung leider nur in sehr geringem Umfang. Stattdessen gibt es bei einigen Mittelständlern wieder Anlass, mit seiner Hausbank über den Kontokorrentzins zu verhandeln.
Wenige Banken hatten bereits in der Vergangenheit die Änderung des Kontokorrentzinses an die Veränderung des 3-Monats-EURIBOR-Satzes gekoppelt. Sofern diese Zusage schon einige Zeit zurückliegt, hat man als Mittelständler sicherlich bereits von den Zinsrückgängen profitiert. Dies bildet aber wohl doch die große Ausnahme.
Übrigens: Nach der Leitzinssenkung vom 5.6.2014 hat sich der 3-Monats-EURIBOR-Satz um lediglich 0,06 Prozent ermäßigt.
Es ist auch diesmal zu befürchten, dass die günstigeren Zinssätze weniger dem Mittelstand, sondern eher den Banken und den kriselnden Volkswirtschaften im Euro-Raum zugutekommen werden.
Allerdings hat die EZB noch eine zweite Zinsentscheidung getroffen, nämlich die, von Banken einen Strafzins i.H.v. 0,1 Prozent für Tageseinlagen zu verlangen. Dieses Vorgehen verschlimmert natürlich die Ertragslage vieler Banken, zumal Liquidität zu einem prozentual hohen Anteil in festverzinslichen Anleihen geparkt ist, die jetzt sukzessive fällig werden und einer Neuanlage bedürfen. Das führt letztendlich – wie für viele Privatanleger – zu Zinssätzen, die bei Weitem nicht die hohen Anlagezinsen wie in den Vorjahren bringen.
Die aktuelle Umlaufrendite (Zinssatz aller am Markt verfügbaren Anleihen mit bester Bonität) liegt aktuell nur noch bei 1,1 Prozent – ein echtes Dilemma auch für die Banken. Sie werden versuchen, die ausbleibenden Anlagezinsen durch Erhöhung ihrer Margen zu kompensieren – hier ist auch seitens des Mittelstandes Vorsicht geboten. Ich vernahm bereits, dass erste Banken bereits dazu übergehen, von Kunden Strafzinsen für Tagesgeldanlagen zu verlangen!
Für Anleger ist das eine äußerst unerfreuliche Situation, die wohl noch geraume Zeit anhalten dürfte. Denn erst, wenn sich die Inflationsrate wieder in Richtung zwei Prozent (von der EZB definierte Grenze, bis zu der von Preisstabilität ausgegangen wird) bewegen sollte, ist wieder mit Leitzinserhöhungen zu rechnen.
Die EZB setzt somit auf Konsum und Investitionen.
Gerd Adler (Dipl. Betriebswirt/Bankkaufmann)
Unabhängiger Unternehmens- und Finanzberater für den Mittelstand
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